FMH: Putzen im Patriarchat - Sieben künstlerische Positionen beim Frühjahrsputz-Festival

tit.jpgFrühjahrsputz bei Minusgraden und Schneefall ist keine einfache Sache. Trotzdem hat sich eine Gutzahl unerschrockener Menschen bei Wind und Wetter auf den Weg gemacht und waren beim „Frühjahrsputz. Kunstfestival über Dreck und eine extrasaubere Welt“ am Samstag, 20. April, im Frauenmuseum Hittisau dabei.

Sieben Acts von internationalen Künstler:innen und Autor:innen beschäftigten sich mit dem Putzen als soziale und kulturelle Technik innerhalb patriarchaler Rahmenbedingungen.

Den Auftakt machte Pascale Osterwalder mit zwei illustrierten Lesungen: Beim „Käsebrot“ tauchten kleine und große Besucher:innen in den Knorrwald ein und erlebten die Geschichte rund um Grigor und Tolja und ihren gewöhnungsbedürftigen – und zugegebenermaßen sehr ekligen – Speisen mit. In „Daily Soap“ konnte sich das Publikum in die Lage und Gefühlswelt eines Seifenspenders hineinversetzen – gerade in der Pandemie hatte er seine Sternstunden – und bei der anschließenden Diskussion mehr über die Arbeit und den Ideenfindungsprozess der Autorin und Illustratorin erfahren.

Die Künstlerin Maria Stockner schreckte nicht vor Schneefall zurück und wusch, spülte, reinigte in ihrem Workshop „Die inneren Räume sauber halten“ weißes Geschirr unter freiem Himmel als Form einer rituellen Zuwendung.

Währenddessen putze eine andere Künstlerin, Maria Walcher, ruhig, ausdauernd und geduldig Schuhe. Ihre Performance „Gerardo“ würdigte den Beruf des gleichnamigen, sizilianischen Schuhputzers und stellte die Frage nach dem Oben und Unten, wenn Fürsorge geleistet wird.

In stiller Zurückhaltung übten sich die Besucher:innen bei der Performance von honey & bunny (Sonja Stummerer & Martin Hablesreiter) „Putz ihn!“ Nach einer künstlerischen Darstellung rund um einen einst patentierten und mittels Schaukelstuhl betriebenen Staubsauger sollten sie den Künstler mit selbst mitgebrachtem Schmutz bewerfen. Geschaukelt hat natürlich der Mann, staubgesagt die Frau. Aber nur anfangs. Als im Patriarchat sozialisierte Wesen war die Hürde zwar groß, doch schlussendlich kriegte der Mann seinen Teil vom Dreck ab.

Valeria Gordeev zog die Besucher:innen nicht nur mit einer Lesung von „Er putzt“, ausgezeichnet mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis 2023, in den Bann. Sie gab auch den Text „Elf Töchter“ zum Besten, der für die “NEUE RUNDSCHAU” von S. Fischer Verlage entstanden ist und auf Franz Kafkas Text „Elf Söhne“ Bezug nimmt. Das war gewissermaßen eine Premiere, hat Gordeev doch den ungemein präzisen und rhythmischen Text zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gelesen.

Mona Ida (alias Mona Ida Gerstenmayer und Patrick Fahser) rundeten den gesamten Festival-Tag mit einem Konzert am Abend in gemütlicher und stimmiger Atmosphäre ab.

Bilder Copyright: © FMH / Stefanie Momo Beck

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