Bürgerservice - der wichtigste Job im Gemeindeamt


Die Wohlstandsgesellschaft wird daran gemessen, wie sie mit jenen Personen umgeht, denen es nicht so gut geht.

Die Wohlstandsgesellschaft wird daran gemessen, wie sie mit jenen Personen umgeht, denen es nicht so gut geht.

Viele
Vorarlberger Gemeinden beobachten eine Verschiebung ihrer Tätigkeiten hin in
Richtung Sozialbereich – oft ohne klaren Auftrag oder entsprechende Ausbildung
der Mitarbeiter:innen dafür.

Mitte Juni fand in Hittisau ein Fachdialog zum
Thema „Zukünftige Rolle und Aufgaben des Bürgerservices bei den Themen
Gesundheit und Soziales“ statt. Die Projektgruppe „Soziale Nahversorgung“
konnte dabei mit Bürgermeistern, Gemeindevertreter:innen und Expert:innen aus
dem Sozialbereich diskutieren. Die Fachleute setzten sich aus einem bunten Mix
aus Vertreter:innen verschiedener Sozialsprengel, der Sozialabteilung des
Landes Vorarlberg, den Leiter:innen von Facheinrichtungen, den Leiter:innen der
Sozialbereiche in den Regios und engagierten Initiatoren diverser Projekte in
anderen Gemeinden zusammen.

Bereits seit Jahresbeginn treffen sich
Mitarbeiter:innen und engagierte Ehrenamtliche aus acht Gemeinden regelmäßig,
um die zukünftige Ausrichtung des Bürgerservice im Hinblick auf soziale
Anliegen zu diskutieren. Wo und wie gelingt Soziale Nahversorgung bereits
heute? Welche Rolle übernimmt der Bürgerservice dabei? Welche Unterstützungen
oder Weiterbildungen brauchen die Angestellten dazu?

Den Projektinitiatoren ist es dabei
besonders wichtig, nichts „neu zu erfinden“, das bereits existiert oder
bestehende Projekte zu torpedieren. Vielmehr geht es darum, Vorhandenes
zusammenzuführen, den Blick über den Tellerrand hinaus zu schärfen und stärkeres
Bewusstsein für die Probleme zu entwickeln.

Beim Fachdialog standen daher Gespräche
auf Augenhöhe im Vordergrund. An verschiedenen Thementischen wurden die Spannungsfelder
rund ums Bürgerservice diskutiert. Angesprochen wurden dabei sowohl die
Kooperation mit Facheinrichtungen, als auch Rollenkonflikte „Amt oder Anwalt
der Bürger?“ oder die Einbindung engagierter, ehrenamtlich tätiger Menschen.

Ehrenamtliche Personen brauchen ebenso mehr
Informationen oder Unterstützung – sind sie doch oft die ersten, die
auftretende soziale Probleme bei ihren Vereinskolleg:innen oder in der
Nachbarschaft bemerken. Alexandra Wucher, Geschäftsführerin vom Vorarlberger
Kinderdorf sieht die Rolle der Gemeinden ganz stark darin, Visionäre und
langfristige Projektbegleiter zusammenzubringen. „Nur so lassen sich Projekte
dauerhaft erfolgreich durchführen,“ ist sie überzeugt.

Der Bürgerservice fungiert als Puffer
zwischen den Bürger:innen und den verschiedenen Institutionen. Zu beobachten
ist, dass die Personen, die Hilfe suchen, mittlerweile viel häufiger aus der
sogenannten „Mittelschicht“ kommen. Das erschwert auch den Alltag für die
Angestellten am Gemeindeamt: Es ist nicht so einfach, wenn der Antragsteller
der Kollege im Sportverein ist…

Im Bürgerservice geht es nicht nur um
Fachkompetenz, sondern ganz klar um Menschenkenntnis, Empathie und Diskretion. Manche
bezeichnen diese erste Anlaufstelle in Gemeinden sogar „als den wichtigsten Job
im ganzen Gemeindeamt“. In der Zusammenarbeit mit verschiedenen Behörden
entsteht aber der Eindruck, dass die sozialen Themen (noch?) nicht den gleichen
Stellenwert haben wie andere Fachbereiche.

Der Fachdialog war eine gute Gelegenheit
für den wichtigen Austausch in beide Richtungen. „Für mich war es sehr
wertvoll, mit den Mitarbeiter:innen aus dem Bürgerservice in Kontakt zu kommen
und ihre Sichtweise der Dinge kennenzulernen. Gefühlt ist die Distanz doch sehr
groß.“, so Benjamin Peter, der Sozialplaner des Landes Vorarlberg.

Alle Teilnehmer:innen der Veranstaltung waren
sich am Ende einig, dass sie viele interessante Menschen kennengelernt und
aufschlussreiche Gespräche geführt haben. Im Herbst 2023 ist eine Fachtagung
zum Thema „Soziale Nahversorgung“ geplant. Das Projekt
läuft bis Mitte 2024 und wird durch LEADER gefördert.

Teilnehmergemeinden Walgau: Frastanz, Bludesch, Dreiklang Schnifis – Düns – Dünserberg

Teilnehmergemeinden Bregenzerwald: Doren, Hittisau, Mellau

ARGE Soziale Nahversorgung

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