Ausgleichender Neubau in Bizau

In Bizau machte eine Tischlerei, die nicht mehr in Betrieb war, Platz für den Neubau einer Kleinwohnanlage.

In Bizau-Oberdorf machte eine Tischlerei, die nicht mehr in Betrieb war, Platz für den Neubau einer Kleinwohnanlage. Schaut man auf den breiten Ostgiebel des gesamten Baukörpers, meint man ein Bregenzerwälderhaus zu sehen. Es gibt einen massiven Sockel, darüber die Fassade mit Holzschindeln, Reihenfenstern und Klebdächern, die als Gesimse ausgebildet sind, und einen armbreiten Dachüberstand.

Die Tenne mit ihrem untypischen Zwerchdach wurde zum Bindeglied zwischen Alt und Neu. In ihrer Fassadengestaltung werden die Horizontalen der verschiedenen Geschoßhöhen von Bestand und Neubau geschickt angeglichen.

Der Eingang liegt allerdings an der Nordseite, das ist eher unüblich. Auch dass er durch einen über beide Stockwerke reichenden Vorbau mit einem kleinen, quer zum Hauptfirst stehenden Satteldach geschützt ist, weist darauf hin, dass es sich beim Haupthaus nicht wirklich um ein altes Bauernhaus handelt. Vielmehr wurde es 1910 von Käsebaronen aus Schnepfau als Gasthaus errichtet, die darauf spekulierten, dass die Bregenzerwälderbahn bis Bizau kommen würde.

An der nach Süden gerichteten Rückseite liegen ein offener Mittelrisalit beim Altbau und die Terrassen des Neubaus in der Tiefe gestaffelt hintereinander.

Die Bahn kam nicht. Im Gasthaus wurde auf Dauer gewohnt und der westseitig an die Tenne angebaute Wirtschaftstrakt wurde erst landwirtschaftlich genutzt, dann als Schreinerei, die sich mit einem ebenerdigen Anbau weit in den südseitigen Garten hinein ausbreitete.

Der Eingang zum erhalten gebliebenen Haupthaus liegt an der Nordseite. Die helle Schirmkante nimmt die Tenne im Erdgeschoß mit für den Neubau und seine Pkw-Stellplätze ein.

Als die Schreinerei außer Betrieb ging, wurde ein Umbau in Wohnungen in Betracht gezogen. Beim Rückbau der vielen Schichten wurde aber immer klarer, dass das Hinterhaus komplett abgerissen werden musste. Es gab keine Bodenplatte, nur eine dünne Schüttung direkt auf dem Erdreich. So waren nicht einmal die Mauern aus Bachkieseln, Bruchstein und Ziegelbruch statisch geeignet zur Weiterverwendung. Durch den radikalen Abriss wurde landwirtschaftliche Fläche zurückgewonnen. Sie blieb erhalten, weil der Neubau auf kompakterem Grundriss mit dem Bestand wieder zu einer markanten Großform unter einem Dach zusammengefasst wurde. Der Neubau ist um ein Schleppdach über den Terrassen im Süden und einen erdgeschoßhohen Vorbau im Norden tiefer als der Bestand und wirkt doch zurückhaltend im Vergleich zu ihm.

Die Südterrassen im Dachgeschoß sind teilweise überdacht und bieten einen großartigen Blick auf die Kanisfluh.

Die Tenne mit ihren beiden markanten Zwerchdächern ist das Bindeglied zwischen Alt und Neu. In ihrer Fassadengestaltung werden die Horizontalen der verschiedenen Geschoßhöhen von Bestand und Neubau geschickt angeglichen. Die Fensterunterkanten im zweiten Stock alt setzen sich als Fensteroberkanten im ersten Stock neu fort, und die horizontale Schirmkante des Neubaus nimmt die Tiefe des vertikal orientierten Eingangsvorbaus auf und reicht fast bis an ihn heran. Auf der Südseite zieht sich die Erdgeschoßwohnung bis in die Tenne hinein, die oberen Stockwerke gehören sichtbar zum Bestand.

Angenehm hell, aber nicht unbedingt heiß: In der Küche und auf der darüber liegenden Galerie mischen sich Zenitlicht und seitlich indirektes Licht.

Im Norden, an der Traufseite entlang der Landesstraße, sind die Stellplätze für Pkw und Fahrräder sowie das Treppenhaus unter Dach gebracht, dazwischen liegt die Eingangstür. In zweiter Reihe folgen die Kellerräume für alle Wohnungen, in dritter Reihe eine dieser Wohnungen. Sie ist groß, überwiegend nach Süden orientiert und angenehm hell. Das liegt nicht nur an der Terrasse, die sich hinter großen Glastüren und -fenstern in vierter Reihe über die ganze südliche Breite des Neubaus erstreckt, sondern auch am hochwertigen Innenausbau.

Ein Dachfenster und ein Nordfenster hinter einem halboffenen Lattenschirm lassen Tageslicht in das Stiegenhaus, eine schlanke Treppenanlage sorgt für Durchblick.

Die mit Holzwolle gedämmten Wände in Holzständerkonstruktion sind teils mit Gipskartonplatten versehen und in Weiß gehalten, teils mit hellem Tannentäfer beplankt. Helles Holz auch bei den Einbaumöbeln und Tischlertüren, einigen Decken und am Boden reflektiert viel Licht und gibt ihm den freundlichen Ton.

Holz als Werkstoff Nummer 1 überzeugt beim Blick vom offenen Mittelrisalit des Bestands zu den Terrassen im Erdgeschoß und Obergeschoß des Neubaus.

Diese Qualität haben alle Wohnungen. Bei den beiden Dachgeschoßwohnungen wird sie noch gesteigert durch die Galerien im Spitz und den üppigen Luftraum über den Wohn-/Essräumen samt Küchen. Die Dachflächen sind teilweise verglast, so dass sich das Zenitlicht mit dem seitlich-indirekten Licht von den teilüberdachten Südterrassen sehr schön mischt. Ein Dachfenster und ein Nordfenster hinter einem halboffenen Lattenschirm lassen Tageslicht in das Stiegenhaus, eine schlanke Treppenanlage sorgt für Durchblick. Die Belichtung über das Dach trägt dazu bei, das Hinterhaus gegenüber dem dominanten Haupthaus geschlossen und zurückhaltend erschienen zu lassen und trotz großer Trakttiefe helle Innenräume zu erhalten.

Selbst die Wohnung im Erdgeschoß ist angenehm hell. Das liegt nicht nur am hochwertigen Innenausbau, sondern auch an ihrer konsequenten Orientierung nach Süden.

Obwohl die getrennten Eingänge der Haus- und Bauherrschaft wichtig waren, wird die Haustechnik gemeinsam genutzt. Der Raum dafür befindet sich im Keller des Altbaus, und es führen wiederum zwei separate Treppen zu ihm hinab. Die alte Ölheizung für das Vorderhaus wurde durch eine Pelletsanlage ersetzt, deren Kapazität für das gesamte Gebäude reicht. Das Warmwasser für alle Bewohner(innen) erzeugt eine Solaranlage, deren Paneele auf dem Dach des Neubaus angebracht sind. So sind Alt und Neu auch ökologisch sinnvoll miteinander verschränkt.

Daten & Fakten

Objekt Mehrparteienwohnhaus Bizau, Oberdorf 44
Bauherr Arnold und Katharina Meusburger
Architektur BM Daniel Zimmermann, Andelsbuch www.guter-plan.at
Statik Günther Hammerer, Andelsbuch https://plandrei.at/
Fachplanung Bauphysik: Günter Meusburger, Schwarzenberg
Planung Sommer 2019–Frühjahr 2020
Ausführung Sommer 2020–Sommer 2021
Grundstück 893 m² (Neubauanteil)
Nutzfläche 660 m² (Neubau)
Ausführung Baumeister: Wälderbau; Zimmermann: FB, Schnepfau; Dach: Roman Moosbrugger, Bezau; Fenster: Wälderfenster, Bizau; Elektro: Willi, Andelsbuch; Installationen: Wäldarinstallateur, Bezau; Estrich: Vigl & Strolz; Maler: Moosburgger, Au; Verputz: Wilhelm, Au; Innentüren: Künzler, Bizau; Verglasung: Alu-Glastechnik, Lustenau; Möbeltischler: Casimo, Lingenau und Möblar, Au
Energiekennwert 28 kWh/m² im Jahr
Baukosten 1,5 Mill. Euro

Im Neubau schließt das Bad direkt an das Schlazimmer an.

Text: Claudia Rinne | Fotos: Cornelia Hefel

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