Sommerausstellung Angelika Kauffmann: Nach Italien!

italien.jpg22. Mai bis 31. Oktober 2021

Neue Sommerausstellung im Angelika Kauffmann Museum Schwarzenberg ab Samstag, den 22. Mai 2021.
Angelika Kauffmann (1741–1807) war zeitlebens viel unterwegs. Bereits in jungen Jahren reiste sie mit ihrem Vater durch Italien und studierte die Alten Meister. Nach ihrer Zeit in London, wo sie zur Lieblingskünstlerin der High Society aufstieg, kehrte sie 1781 nach Italien zurück und lebte bis zu ihrem Tod in Rom. Weit herumgekommen waren auch ihre internationalen Auftraggeber, für die es im Zeitalter der Aufklärung zum guten Ton gehörte, sich auf eine ausgedehnte Bildungsreise zu begeben, die als „Grand Tour“ bekannt wurde.

Die Ausstellung widmet sich anhand von Originalwerken der Künstlerin und ihrer Zeitgenossen den Sehnsuchtsorten im Süden, den Reisenden, ihren Geschichten und den nach Hause mitgebrachten Souvenirs.

„Nach Italien!“ – wer würde nicht gerne diesem Aufruf folgen. Doch wie wir alle wissen, sind selbst einst so nahe Ziele vorerst einmal in weite Ferne gerückt. Auch das Angelika Kauffmann Museum musste seine „Reisepläne“ im Vorjahr aus den bekannten Gründen leider ändern und die geplante Ausstellung um ein Jahr verschieben. Umso mehr freuen wir uns, dass wir uns in diesem Jahr gemeinsam mit Angelika Kauffmann und ihren Zeitgenossen auf „Grand Tour“ nach Italien begeben können.

Mit der großen Bildungsreise, die vor mehr als 250 Jahren, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ihre Blütezeit erlebte, widmet sich die Ausstellung einem Phänomen, in dem sich Abenteuerlust und Neugier, Vergnügungssucht und Wissensdurst, Kulturgenuss und Lebenskunst mischten. Es war die Geburtsstunde des modernen Tourismus, wie wir ihn heute kennen und derzeit gerade so stark vermissen.

Der frühe Tourismusboom setzte eine nie dagewesene Bildproduktion in Gang. Porträts, Landschaften und Ansichten antiker Ruinen waren beliebte Souvenirs und dienten als Beweise für die unternommene Tour. Als Vorläufer von Ansichtskarten und Selfies erinnern uns die Bildzeugnisse der Grand Tour an eine Zeit, in der die Sehnsucht nach der Ferne so groß war wie heute – und nehmen uns mit auf eine Reise in das Italien des 18. Jahrhunderts.

Reisen bildet

Erst die Erfahrung des Reisens machte damals aus den Töchtern und Söhnen der Aristokratie und des aufstrebenden Bürgertums wahre Frauen und Männer von Welt. Auch Künstler, Schriftsteller und Gelehrte begaben sich scharenweise auf den Weg, auf der Suche nach der Erweiterung ihres Horizonts und neuen Anregungen für das eigene Schaffen. Italien mit seiner langen Kunsttradition, den antiken Stätten und malerischen Landschaften war das bevorzugte Ziel.

Angelika Kauffmanns eigene Ausbildungsreise führte sie von 1759 bis 1766 durch ganz Italien. In Begleitung ihres Vaters machte sie Station in Mailand, Parma, Modena, Bologna, Florenz, Rom und Neapel. Durch Empfehlungsschreiben von frühen Förderern wie dem österreichischen Generalgouverneur der Lombardei, Karl Graf Firmian (1716–1782) – in der Ausstellung in einem Gemälde des Tirolers Martin Knoller (1725–1804) präsent – erhielt sie Zugang zu den großen fürstlichen Kunstsammlungen.

Sie studierte die Gemälde der Alten Meister, lernte von bekannten Künstlern und porträtierte englische Reisende. In Neapel inspirierte sie die unmittelbare Begegnung mit der Antike und den gerade neu entdeckten Wandmalereien in den Ausgrabungsstätten von Herculaneum und Pompeji zu ihrem ersten großen mythologischen Historiengemälde, Bacchus entdeckt die von Theseus verlassene Ariadne auf Naxos (1764), das sich heute in der Kunstsammlung der Landeshauptstadt Bregenz befindet.

Malerisches Italien

Vor der Erfindung der Fotografie lag es in den Händen talentierter Künstler, wie dem deutschen Landschaftsmaler Jakob Philipp Hackert (1737–1807), die Wirklichkeit originalgetreu wiederzugeben. Mit der Genauigkeit eines Naturforschers stellte er die Bäume, Pflanzen, Flussläufe, Berge, Tiere und das warme südliche Licht dar – genauso schön, wie von den Reisenden empfunden.

Wie in der Renaissance lagen auch im 18. Jahrhundert Kunst und Wissenschaft eng beieinander. Universalgelehrte wie Goethe, der auf seiner Italienischen Reise zum Beispiel auch Gesteinsproben sammelte, sind paradigmatische Erscheinungen dieser Zeit. Das Bestreben, mehr über die Phänomene der Natur zu erfahren und diese mit dem Zeichenstift und Pinsel zu „beschreiben“, war für viele einer der Beweggründe, sich auf Grand Tour zu begeben.

Eine besondere Attraktion stellte der Vesuv dar, welcher damals hochaktiv war. Der britische Gesandte in Neapel, Sir William Hamilton (1730–1803), war einer der aufmerksamsten Beobachter des Bergs und gilt als Begründer der modernen Vulkanologie. Auf einigen seiner riskanten Exkursionen begleitete ihn der aus Krems stammende Maler Michael Wutky (1739–1822), der die Eruptionen und Lavaströme in unerreicht authentischen wie spektakulären Bildern festhielt.

Faszination Antike

Der Höhepunkt jeder Italienreise waren zweifellos die antiken Monumente Roms. In unzähligen Bildern wurden sie genau dokumentiert und effektreich in Szene gesetzt. Mit dem Reisen ging immer schon der Wunsch einher, das Gesehene und Bestaunte in zuverlässigen visuellen Dokumenten festzuhalten und als Andenken mit nach Hause zu nehmen.

Die Vedute (ital. veduta, „Ansicht“ oder „Aussicht“) entwickelte sich infolgedessen vor allem in Italien zu einem der führenden Bildtypen. Die berühmtesten Ansichten schuf der Architekt, Zeichner und Kupferstecher Giovanni Battista Piranesi (1720–1778). Mit seinen virtuosen Darstellungen hat er die Erwartungshaltungen, die man mit einer Reise in die Ewige Stadt bis heute verbindet, entscheidend geprägt.

Sehr beliebt bei den Reisenden waren außerdem sogenannte Ruinen-Capricci, auf die sich auch Kauffmanns Ehemann, der Maler und Zeichner Antonio Zucchi (1726–1795), spezialisiert hatte. Gleichsam wie in den verklärten Bildern der Erinnerung verdichten sich in den Capricci Versatzstücke des Italienerlebnisses, Landschaften, Bauwerke und Skulpturen, zu stimmungsvollen, lebendigen Phantasiewelten im Geist der Antike.

Ganz wesentlich befeuert wurde die neue Antikenbegeisterung durch die Schriften des Altertumsforschers Johann Joachim Winckelmann (1717–1768). Angelika Kauffmann hat ihn bei ihrem ersten Italienaufenthalt kennengelernt und in einem Porträt verewigt, das sie in ganz Europa berühmt machte. Von einem Cicerone wie Johann Friedrich Reiffenstein (1719–1793) ließen sich die Reisenden die Sehenswürdigkeiten zeigen und erklären. Als Kunstagent und einer von Kauffmanns engsten Freunden führte er auch zahlreiche potentielle Kunden in ihr Atelier.

Besuch bei Angelika

In den 1780er und 1790er Jahren erreichte die Reisewelle nach Italien einen vorläufigen Höhepunkt. Die in Italien lebenden Künstler wurden mit Aufträgen regelrecht überschüttet. Auch für Angelika Kauffmann waren es die produktivsten Jahre ihrer Schaffenszeit. Ihr Atelier nahe der Spanischen Treppe in Rom wurde zu einer der meistbesuchten Adressen und entwickelte sich zur Pilgerstätte der kunstbegeisterten Grand Touristen. Vor allem Porträts aus ihrer Hand waren begehrte Statussymbole.

Ihre Besucher kamen teils von weit her. Sogar aus Russland oder Polen reisten sie in unbequemen Kutschen über tausende Kilometer auf unbefestigten Straßen in den Süden. Selbst die beschwerliche Überquerung der Alpen nahm man gerne in Kauf. Anhand zweier Aufträge für Familienbildnisse der russischen Fürstin Bariatinskaja und des polnischen Kanzlers Zamoyski kann in der Ausstellung der streng durchrationalisierte Arbeitsprozess von Angelika Kauffmann nachvollzogen werden, den die starke Auftragslage notwendig gemacht hatte. In diesem Zusammenhang werden außerdem zwei neu entdeckte Porträtstudien, die direkt aus dem Nachlass der Künstlerin stammen, erstmals öffentlich präsentiert.

Souvenirs

„Graf Fries kauft viel“, notiert Goethe im Juli 1787 in seiner Italienischen Reise. Das Sammeln von alter und neuer Kunst war eine der liebsten Beschäftigungen der gut betuchten Grand Touristen. Auch der Handel mit Nachbildungen und Kopien blühte. Mit mehr oder weniger großer Kennerschaft wurden Gemälde, Zeichnungen, Drucke, Skulpturen, Antiquitäten, Gipsabgüsse, Gemmen und Schmuckstücke erworben und zurück über die Alpen transportiert. Als zeitgeistige Ausstattung von Schlössern und Wohnhäusern verschafften sie den Käufern soziales und intellektuelles Prestige und waren exklusive Reiseandenken.

Der aus Wien stammende Bankierserbe Joseph Johann Graf Fries (1765–1788) war einer der reichsten Männer seiner Zeit. Angelika Kauffmann porträtierte ihn 1787 gemeinsam mit dem teuersten seiner in Rom getätigten Einkäufe, der Marmorgruppe Theseus und Minotaurus von Antonio Canova, die als Schlüsselwerk des Klassizismus gilt.

Eine Ausstellung des Fördervereins »Freunde Angelika Kauffmann Museum Schwarzenberg«, kuratiert von Thomas Hirtenfelder.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und Beiträgen von Bettina Baumgärtel und Thomas Hirtenfelder.

Aktuelle Informationen zu Führungen und Veranstaltungen unter:
www.angelika-kauffmann.com

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