Ein strenges Regiment: Die Egger Badeordnung von 1924

Wenn man sich heute eine alte Badeordnung anschaut, kommt man ins Schmunzeln. Recht strikt und gesittet ging es damals in Freibädern zu.

Während heute im Schwimmbad knappe Bikinis und kurze Badeshorts an der Tagesordnung stehen und über das Oben-Ohne-Baden diskutiert wird, sah das vor 98 Jahren noch ganz anders aus.

Die Bademode war früher noch recht sittsam. Symbolbild: Badende im Waldbad Enz.

Das zeigen auch alte Badeordnungen, wie beispielsweise die der Gemeinde Egg für das Benützen der Badeanstalt. Die damaligen Regelungen bringen nach heutigen Maßstäben zum Schmunzeln. Sie wurde auch in der aktuellen Ausgabe der “Egger Gmuondszitung” veröffentlicht.

Vorsteherverordnung

Die zunehmende Benützerzahl von Weibern und Männern
in der Badeanstalt unserer Gemeinde macht es notwendig,
die Badenden auf Sitte und Anstand hinzuweisen,
zumal mittlerweile auch schon eine erquickende Anzahl
von Sommerfrischlern ins Dorf kommen.
Ich habe daher mit Beginn der neuen Sommerfrische nachstehende

Badeordnung erlassen:
Die Badeanstaltsleitung hat darauf zu achten, daß die strikte Trennung nach
Geschlechtern im Bad Folge geleistet wird. Auch ist es den Müttern nur erlaubt mit leiblichen weiblichen Kindern gemeinsam zu baden.
Etwaige männliche leibliche Kinder haben getrennt von den weiblichen jeweils zu den geltenden Öffnungszeiten mit ihren Vätern zu baden.

Bei den weiblichen Besucherinnen ist zu achten, daß die Badebekleidung
zumindest neben Rumpf und Brust, auch die Knieer insbesondere aber
den Nabel bedeckt haben. Bei den männlichen Besuchern ist darauf zu achten, daß solche mit einer sogenannten Johannesnase, nicht enganliegende Badehosen tragen, notfalls sollte eine Anstaltsmagd ein zusätzliches Stück Stoff demjenigen in die Hose einnähen, er hat dann den doppelten Eintritt zu zahlen. Weibern die die Kopfhaare offen tragen ist erst gar nicht Eintritt zu gewähren, da sich beim Baden die Haare ja zu einem Wirrwar schließen könnten. Darüber hinaus legen solche Weiberleut meistens ein nicht zu akzeptierendes Burschikose Verhalten an den Tag das dem moralischen Fall unserer Gemeinde Tür und Tor öffnen würde.

Nach dem Besuch des Wannenbades ist darauf zu achten, daß bei etwaigem Ausruhen danach in der Bündt der ganze Körper mit einer Decke bis zur Gurgel abzudecken ist. Es ist nicht auszudenken, wie vor allem Weiber untereinander der anderen ein begnadetes Geschenk des Schöpfers vergönnen. Bei starker Sonneneinstrahlung ist eben der
Schattenschutz eines Baumes aufzusuchen.

Es ist nicht erlaubt vor oder nach dem Baden stark duftende Elemente
auf den Körper aufzutragen, da diese, so sagen die Studierten,
die Paarungsbereitschaft unmittelbar und sofort erhöhen solle.

Die Anstaltsleitung ist angehalten diese 5 Punkte
auch bei Sommerfrischlern von auswärts genauestens anzuwenden.
Sollte einer der Badeanstalltsknechte oder Mägde
die Anweisungen nicht befolgen,
ist dieser oder diese in den Stall des Armenhauses zu versetzen.

Der Vorsteher (Anton Schneider) – 24. Juni 1924

Quelle: Gemeinde Egg

Selbst den Angestellten wurden also mitunter schwere Konsequenzen angedroht, wenn die Badeordnung nicht entsprechend durchgesetzt wurde.

Inhalt klingt heute komisch

Der Inhalt der Badeordnung klingt nach aktuellen Verhältnissen recht komisch. Besonders die Geschlechtertrennung und die Verhaltensregeln für Frauen wirken recht streng. Manch einer würde die Regeln heutzutage wohl gar als sexistisch, frauenfeindlich oder entwürdigend bezeichnen. Glücklicherweise sind Badeordnungen heutzutage nicht mehr so streng.

Übrigens: Im Schwimmbad Felsenau in Feldkirch hängt noch heute die alte “Vorsteherordnung” vom Juni 1924. Zu finden ist sie neben der Bademeisterkabine.

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(VOL.AT)

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Kommentare zu diesem Artikel

  • Bei der Rutsche würde etwas Strenge gut tun!Aufstehen in der Rutsche find ich persönlich sehr gefährlich und diese Stauerei verzögert den Fortlauf extrem…