Premiere in Lingenau: Zwei Festbubn für Barbara Neßler

#zämmko – Gleichberechtigung beim Bezirksmusikfest: Die grüne Nationalratsabgeordnete erhielt als Festführerin männliche Unterstützung.

So etwas dürfte es im traditionellen Blasmusikbetrieb Vorarlbergs wohl in dieser Form noch nicht gegeben haben: Beim Bezirksmusikfest in Lingenau wurde der grünen Nationalratsabgeordneten Barbara Neßler eine besondere Ehre zuteil, der auch als Schritt in Richtung Gleichberechtigung gesehen werden kann. Als Festführerin für den MV Müselbach, der Heimatgemeinde der Tiroler Politikerin, standen ihr anstelle der üblichen Festdamen zwei Herren zur Seite: Premiere für die beiden “Festbubn” Mario und Rene Fink.

Im VOL.AT-Interview erklärt die Nationalrätin, wie es dazu gekommen ist.

VOL.AT: #zämmko: Premiere für Sie als Festführerin mit männlichen Festbubn: Wie sind Sie zu dieser Ehre gekommen?

Barbara Neßler: Auch wenn ich Tiroler Abgeordnete bin, bin ich trotzdem dem Bregenzerwald, meiner Heimatregion, sehr verbunden und auch immer wieder hier. Und wenn im Bregenzerwald ein solch großes Fest stattfindet, ist für mich klar, dass ich dabei bin. Ich hab mich natürlich sehr gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich die Festführerin machen kann. Traditionell sind Festdamen als Begleitung dabei, aber die Gleichberechtigung darf auch vor dem Festzelt nicht Halt machen und warum Traditionen nicht weiterentwickeln? Ich möchte mich an dieser Stelle auch beim Obmann vom MV Lingenau, Engelbert Beck, bedanken für seine Unterstützung, weil die “Festbubn” von oberste Stelle genehmigt werden mussten.

VOL.AT: Wie haben sich die Herren geschlagen?

Barbara Neßler: Mario und Rene Fink, meine Festbubn, haben das großartig gemacht! Die Reaktionen waren ebenfalls super. Von fragenden Gesichtern bis über viel Zuspruch, “dass es gut ist, wenn es einmal etwas Neues gibt!”

VOL.AT: Wie gehen Sie persönlich mit Geschlechterrollen um, vielleicht gerade bei traditionellen Zeltfesten?

Barbara Neßler: Ich glaube, egal wo man ist, ob im Zeltfest oder im Hörsaal: Gleichberechtigung geht uns alle was an, und nur gemeinsam kommen wir als Gesellschaft weiter. Das Aufbrechen von Geschlechterrollen ist keine akademische Diskussion, sondern betrifft alle von uns. Da geht es um Gehaltsunterschiede, um gerechte Aufteilung von Kinderbetreuung und im Grunde darum, dass jeder und jede sein Leben so leben kann, wie er oder sie es für richtig hält, ohne auferlegte Zwänge.

VOL.AT: Mit welcher Musikgruppe waren Sie unterwegs, wie war das Echo?

Barbara Neßler: Ich durfte die großartige Musikgruppe “MV Müselbach” begleiten, die Musik aus meinem Heimatort. Die Reaktionen war sehr offen und positiv. Der Musikverein hat ja mit den Festbubn quasi eine echte Premiere miterlebt in der Geschichte der Musikfeste. Lustig war nur, dass der Moderator zuerst nicht wusste, wie er meine “Festdamen” jetzt nennen sollte: “Festbub, Festherren, Festmänner … (schmunzelt)”

Festbub Rene Fink mit dem MV Müselbach.

VOL.AT: Welche Erfahrungen haben Sie gesammelt und wie wichtig ist Ihnen als gebürtige Wälderin Tradition?

Barbara Neßler: Der Bregenzerwald ist nicht so konservativ, wie man oft meint. Es gibt nicht umsonst das Motto “Meor ehro das Ault und grüazod das Nü”. Neue Sachen auszuprobieren oder als Erster oder Erste vorangehen, das braucht sicher Mut. Aber wenn wir keine mutigen Leute gehabt hätten, egal in welchem Bereich, dann wären wir heute nicht da, wo wir sind.

VOL.AT: Wie viel Politik darf im Bierzelt Platz finden?

Barbara Neßler: Das Schöne, was man am Bregenzerwälder Musikfest gesehen hat, ist, dass Großes gelingen kann, wenn viele zusammenhelfen. Es waren 700 Helfer und Helferinnen im Einsatz und es hat ca. 120.000 Dienste gebraucht. Das geht nur, wenn ich viele, viele Ehrenamtliche habe, die mitanpacken. Es geht um Gemeinschaft und um Zusammenhalt. Das ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema. Als Politikerin gehe ich gerne auf Zeltfeste. Weil es Orte sind, wo Leute zusammenkommen. Und ich, wenn ich immer nur in den gleichen Kreisen unterwegs bin, komme ja niemals aus meiner Bubble raus. Ich muss ja mit allen reden können, sonst habe ich irgendwann eine zu sehr eingeschränkte Perspektive. Ich glaube, es gibt kein Zeltfest ohne Politik (schmunzelt).

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(VOL.AT)

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