Kiesabbau bei der Kanisfluh und Landesgrünzone: Online-Petitionen sind nahezu beliebig manipulierbar

Egal ob Online-Petition für Erhalt der Landesgrünzone oder gegen den Kiesabbau bei der Kanisfluh: Die Zahl der Unterschriften kann über erfundene Email-Adressen uneingeschränkt erhöht werden - Initiatoren sind überrascht oder sich der Problematik bewusst.

Online-Petitionen im Internet für oder gegen eine Sache oder ein Projekt beziehungsweise ein politisches Vorhaben sprießen wie Schwammerln aus dem Boden. Ihre Ergebnisse werden mit viel medialer Begleitmusik der Politik oder den Entscheidungsträgern überreicht. In Vorarlberg traf und trifft es heuer gleich zwei größere Wirtschaftsprojekte von regionalen Unternehmen. So sah sich der Dornbirner Lebensmittelhersteller Ölz unter anderem mit einer Online-Petition für den Erhalt der Landesgrünzone konfrontiert, als seine Pläne zur Errichtung eines zusätzlichen Werkes in Weiler bekannt wurden. Rund 1.800 Unterzeichner haben sich auf der Plattform für den Erhalt der Landesgrünzone und damit gegen die Ansiedlung von Ölz entschieden. Die entsprechenden Unterschriften wurden medienwirksam an die Landespolitik übergeben.

Ähnlich ergeht es derzeit dem Bregenzerwälder Kies- und Transportunternehmen Rüf in Au. Nachdem Rüf nach längerer Suche und Widerstand gegen geplante Kiesabbauvorhaben einen möglichen Kiesabbau am nördlichen Wandfuß der Kanisfluh ins Auge fasste, formiert sich im Bregenzerwald erneut Widerstand gegen das Projekt. Mit dabei ist auch hier wieder eine Online-Petition auf der Plattform “Üsa Kanis”. Am Mittwochvormittag (5.7.) wurden bislang 922 Unterschriften gegen das Projekt gezählt – allerdings gefühlt beinahe die Hälfte ohne Nennung des wirklichen Namens. Nach Erreichen der geplanten 2.000 Unterzeichner wird auch diese Petition voraussichtlich medienwirksam den politischen Entscheidungsträgern übergeben werden.

Keine Kontrolle – der Manipulation ist Tür und Tor geöffnet

Im Zuge der medialen Berichterstattung wird bei solchen Online-Petitionen – ob bewusst oder unbewusst – oftmals der Eindruck erweckt, als handle es sich bei Online-Petitionen um so etwas ähnliches wie eine regionale oder lokale Volksbefragung oder ein Volksbegehren. Dabei zeigt ein aktueller Selbstversuch der wpa-Redaktion, dass man die Zahl der Unterzeichner von solchen Online-Petitionen mit einfach zu erfindenden Email-Adressen von fiktiven Personen problemlos in die Höhe treiben kann. Ihre Aussagekraft ist damit sehr eingeschränkt.

Fiktive Personen

So hat die Redaktion gemeinsam mit einem externen Bekannten auf der Online-Petition für den Erhalt der Landesgrünzone vier fiktive Personen mit den Namen Wunderkind und Hotzenplotz aus Algerien, Ungarn, Argentinien und Aserbaidschan als Unterstützer auf die Liste gesetzt. Der Zähler der Online-Petition sprang um vier Unterschriften nach oben. Die Eintragung erfolgte ohne jeden Gegencheck des Systems. Sehr ähnlich die Situation bei der noch laufenden Online-Petition von “Üsa Kanis”. Herr Wunderkind aus Dresden, ebenfalls eine fiktive und von der Redaktion erfundene Person, hat ohne Probleme gegen den Kiesabbau unterzeichnet. Einziger Unterschied zur Grünzonen-Petition: Bei “Üsa Kanis” musste vorab eine Email-Adresse eingerichtet werden, in diesem Fall eine beliebige Email-Adresse bei yahoo. Und schon sprang der Zähler wieder um eine Stelle nach oben. Bemerkenswert: Bei dieser Petition kann man mit einer Email-Adresse bis zu fünf Unterschriften abgeben.

“Üsa Kanis” bestätigt Manipulierbarkeit der Petition

Der Manipulation von solchen Online-Petitionen ist also Tür und Tor geöffnet, es gibt offenbar keine Kontrolle. Das bestätigte schlussendlich auch der IT-Experte Lothar Kündig, Technik- und Petitionsverantwortlicher bei “Üsa Kanis”, auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur.com. Es sei richtig, dass Online-Petitionen immer wieder Probleme mit doppelten oder nicht stimmigen Daten hätten. Allerdings sei es einem Initiator einer solchen Petition aus datenschutzrechtlichen Gründen gar nicht gestattet, die Identität der Unterzeichner zweifelsfrei zu klären, selbst wenn man das wollte. “Wir sind aufgrund des Datenschutzes nicht in der Lage, einen möglichen Missbrauch dieser Petition zu verhindern.” Man habe sich extra für den Petitionsplattform-Anbieter “openpetition.eu” entschieden, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Da man sich der Problematik bewusst sei, gebe es auch reale Unterschriftslisten auf dem Papier, die in der Region um die Kanisfluh aufgelegt werden. Bis dato habe man rund 200 Unterschriften gesammelt. Das sind allerdings deutlich weniger Unterzeichner wie bei der dazugehörenden Online-Petition.

Grünzonen-Initiatoren überrascht von leichter Manipulierbarkeit

Bei der Landesgrünzonen-Petition zeigt sich Nina Fritsche, ein Mitglied der Initiatorengemeinschaft, überrascht über die leichte Manipulierbarkeit von Online-Petitionen. Dieses Problem sei den Initiatoren vorab nicht bewusst gewesen. “Wir haben uns auf das Tool von AVAAZ.org verlassen, weil es in der NGO-Szene häufig verwendet wird.” Man habe in bestem Wissen und Gewissen darauf vertraut, dass solche Petitionen seriös ausgestaltet seien. Eine Nachfrage bei AVAAZ habe zwar ergeben, dass Email-Adressen im Laufe mehrere Tage auf ihre tatsächliche Existenz hin überprüft würden. Allerdings könne man auch das leicht über Einrichtung etwa von gmx- oder yahoo-Adressen umgehen, so die Information. Jetzt sei man froh, auf diese Problematik für die Zukunft aufmerksam gemacht worden zu sein. Fritsche verknüpft mit dieser Erkenntnis auch gleich die Forderung an die Politik, dass ein manipulationssicheres Tool für solche Petitionen eigentlich von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden müsste. (WPA/gübi)

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Kommentare zu diesem Artikel

  • wieder eine Lachnummer der Grünen.
    Wäre interessant zu wissen wer diese manipulierbaren Petitionen bezahlt.
    Sicher die Grünen aus den Steuergeldern oder zahlen das die Grünzone Initiatoren aus der eigenen Tasche?

  • He super Echt, du bist der beste Tageskiesel, echt, super.

  • Was Sie geschrieben haben, war ironisch gemeint “Peter aus den Bergen”. Die Petition wusste davon und jetzt wo alles ans Licht kommt gibt es eine Stellungnahme.

  • Dieser offene und ehrliche Umgang des “Üsa Kanis” Teams ist echt lobenswert und muss ich Ihnen dafür gratulieren. Super Aktion!

  • Hallo Wälder, Leser von BregWaldNewsAT, Unterstützer Üsa Kanis.

    Uns war vor der Erstellung der Petition bewusst, dass so etwas passieren kann, dass es Personen gibt, die eventuell auch zweimal unterschreiben, und/oder falsche Daten in dem Formular eingeben. Das haben wir auch der WPA gegenüber offen und klar kommuniziert, das kommunizieren wir auch hier. Darum ist die Antwort doch ausführlicher.

    Wir haben sehr viele Onlinepetitionstool getestet, und haben uns dann für diesen Anbieter entschieden, da für ihn das Thema Datenschutz auch ein sehr wichtiges Thema ist. Der Teilnehmer muss seine Unterschrift auch bestätigen, was bei vielen Onlinepetitionen nicht der Fall ist. Es gibt einige Möglichkeiten und Techniken diese Unterschrift auf Eindeutigkeit zu überprüfen, was wir auch machen, aber zu 100% geht das technisch leider nicht. Teilnehmer können anonym unterschreiben was aber nicht heisst, dass es für den Initiator - für uns - nicht ersichtlich ist, wer hinter diesem Eintrag steckt. Anonym nur der Öffentlichkeit gegenüber.

    Warum kann man bei Üsa Kanis maximal fünf Unterschriften auf eine Emailadresse eingeben? Ein Haushalt bei dem Oma und Opa unterschreiben möchten, zu Fuss aber nicht zu einer Unterschriftsliste gehen können, ihnen aber der Bregenzerwald am Herzen liegt. Der Eintrag muss aber vom Inhaber verifiziert werden, und scheint auf der Liste auch auf. Wir sind in einer Region bei dem jeder jeden kennt, und das schon Auffälligkeiten sind, welche wir als „auffällig“ kennzeichnen.

    Wie würde ein manipulationssicheres Tool ausschauen? Unterschrift mit Reisepass und Fingerabdruck? DNA Test? Wie gesagt – 100% können wir nicht überprüfen, wie auch ein gemeinnütziger Verein der Unterschriften sammelt nicht überprüfen kann ob es wirklich diese Person und/oder seine Unterschrift ist.

    Wir hoffen trotzdem auf eure Unterstützung, und eure Unterschriften – es wird gehört. Und wenn man so einer Petition, bzw. wenn man generell - weltweit - keiner Petition und Unterschriftsaktion Glauben schenken kann, dann doch den öffentlichen Statements, von Prim. Dr. Haller, Hermann Kaufmann, Lothar Petter (Obmann Österr. Alpenschutzverband), Franz Ströhle (Obmann Vbg Alpenschutzverein), Jan Zwischenbrugger und Landtagsabgeordnete der Grünen Sandra Schoch, welche ihr auf www.unsereKanisfluh.at lesen könnt. Weiter werden folgen.

    Vielen Dank für eure Unterstützung,
    Üsa Kanis

  • das gleiche war mit der Umfrage bezüglich Wälderhalle. Alles manipulierte Petitionen und Umfragen.
    Wenn sich die Politik mit solchen Maßnahmen blenden lässt, kann dies nur bei den nächsten Wahlen beglichen werden

  • Und was tut die Bürgerinitiative Kanis dagegen?