Alle unter einem Dach

Bezau. Im neuen Sicherheitszentrum in Bezau sind Feuerwehr, Bergrettung, Polizei und Wasserrettung erstmals in einem Gebäude vereint. Dies vereinfacht die Kommunikation untereinander und die Zusammenarbeit wird effizienter.

Bereits im Jahr 2001 wurden erste Gespräche über die Errichtung eines neuen Feuerwehrhauses geführt. Die Feuerwehr nahm damals einen Teil des 1957 errichteten Gemeindehauses ein, doch die Räumlichkeiten waren nicht mehr zeitgemäß und mit den Jahren zu klein geworden – es herrschte akuter Platzmangel. Das Jahrhunderthochwasser 2005 zerstörte das frisch ausgebaute Heim der Bergrettung, die seither nur noch provisorisch untergebracht war. Die Wasserrettung besaß einen Raum beim Schwimmbad, der allerdings nicht winterfest war. Und die Polizeiinspektion suchte nach neuen, barrierefrei erreichbaren Räumlichkeiten. „Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass neben der Feuerwehr auch die anderen Einsatzorganisationen Raumbedarf hatten und so wurde die Errichtung eines gemeinsamen Sicherheitszentrums beschlossen, in dem alle Blaulichtorganisationen zusammenkommen“, erzählt Projektleiter, Vizebürgermeister und Feuerwehr-Gruppenkommandant Johannes Batlogg. Man entschied sich für ein Grundstück im Ortszentrum, in unmittelbarer Nähe zu Gemeindeamt und Bezirksgericht. Dadurch war zusätzlich die Möglichkeit gegeben, die Parkplatzproblematik im Ortskern mit dem Bau einer Tiefgarage zu entschärfen.

Der schlichte Holzbau fügt sich sensibel in die Umgebung ein. Das Obergeschoß liegt etwas versetzt zum Erdgeschoß, wodurch einerseits ein gedeckter Außenraum vor der Fahrzeughalle entsteht, andererseits auf ganzer Länge im Obergeschoß eine große Terrasse in Richtung Westen. Der zum Dorfzentrum orientierte Vorplatz mit freistehendem Schlauchturm wird zu Übungszwecken, aber auch für Veranstaltungen und Feste genutzt. Bis auf die Tiefgarage und Sichtbetonwände der Waschbox handelt es sich um eine reine Holzkonstruktion. Holz aus gemeindeeigenen Wäldern kam vielfältig zum Einsatz. Die Fassade wird von einer Fichten-Rollschalung gebildet. Durch die überlappende Anordnung schmaler Bretter entsteht eine faltenartige Optik. Wände und Decke im Inneren sind mit gebürsteter Weißtanne getäfert. Für die Fußböden im Obergeschoß und den Großteil der Möbel wurde Eichenholz gewählt. Großflächige Fensteröffnungen lassen viel Licht in das Gebäude einfallen. Es entsteht eine sehr wohnliche, angenehme Atmosphäre.

„Die Anpassung an die Anforderungen der Nutzer war uns sehr wichtig. Sie sollten nicht nur ein architektonisch schönes Haus bekommen, sondern es muss auch vom Ablauf her passen“, erklärt Bürgermeister Georg Fröwis. „Daher war es sehr wichtig, dass alle Rettungsorganisationen ihre Wünsche und Vorstellungen in den Entwurf einbringen konnten.“ Als Planungsteam agierte die Arbeitsgemeinschaft Hermann Kaufmann, Querformat und Ralph Broger. „Ziel war es, bei Funktions- und Nebenräumen möglichst funktional zu bleiben und im oberen Stock eine Spur hochwertiger und gediegener zu werden. Das gehört auch zum Thema Nachhaltigkeit dazu. Wenn man hochwertig baut, dann wird es länger genützt und besser angenommen“, meint Architekt Paul Steurer vom Büro Querformat.

Einen Großteil des Erdgeschoßes nehmen die Fahrzeughalle der Feuerwehr und die Räumlichkeiten für Einsatzleitung, Bereitschaftsraum und Funkstation sowie Umkleiden und Nebenräume ein. Im nördlichen Teil des Sicherheitszentrums ist die Bergrettung untergebracht. Zwischen der Garage im Erdgeschoß und dem Mannschaftsraum im Obergeschoß wurde eine weitere Ebene eingezogen, in der sich die Funkzentrale befindet. Aus dieser erhöhten Box kann das Geschehen in der Garage überblickt werden. Ebenfalls im Obergeschoß sind die Räumlichkeiten der Wasserrettung und der Polizei. Einsatzfahrzeuge und –boot stehen wettergeschützt in der Tiefgarage. Ein 100 m2 großer Schulungsraum dient in erster Linie den Organisationen im Haus, kann aber auch von anderen Vereinen verwendet werden. Dies wird sehr gut angenommen und so finden hier auch Tanzveranstaltungen, Vorträge oder Filmvorführungen statt.

Die Arbeitsaufträge konnten großteils an Handwerksbetriebe aus dem Bregenzerwald vergeben und dadurch regionale Wertschöpfung generiert werden. Außerdem leisteten die Freiwilligen der Einsatzorganisationen viele ehrenamtliche Arbeitsstunden und waren von der Holzaufarbeitung über den Innenbau bis zur Endreinigung am Bau „ihres“ Sicherheitszentrums involviert. Alle Beteiligten heben im Gespräch wiederholt hervor, dass die einzelnen Rettungsorganisationen sehr gut und unkompliziert miteinander arbeiten. Unter einem gemeinsamen Dach versammelt wird Kooperation forciert und es entwickeln sich Synergieeffekte – sei es die Abwicklung gemeinsamer Einsätze oder Vorbereitungen für Veranstaltungen. „Wir haben vorher schon gut zusammengearbeitet, jetzt trifft man sich viel häufiger und tauscht öfter Informationen aus“, erzählt der Polizist.


Daten und Fakten

Objekt: Sicherheitszentrum, Bezau
Bauherr: Marktgemeinde Bezau Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG
Architektur: Hermann Kaufmann, Schwarzach; Querformat, Dornbirn; Ralph Broger, Bezau
Fachplaner: Statik Holzbau: Merz Kley Partner, Dornbirn; Bauphysik: Günter Meusburger, Schwarzenberg; Heizung, Lüftung Sanitär: Koller & Partner, Hard; Elektro: Willi Meusburger, Bezau

Planung: 6/2012–6/2013
Ausführung: 8/2012–5/2014
Grundstücksgröße: 2967 m²
Nutzfläche: 2776 m²

Bauweise: Holzkonstruktion ab Kellerdecke; Fassade: Rollschalung, Fichte; Außenwände: Holzrahmenelemente; tragende Wände: Brettsperrholzelemente; Decke über EG: Holz-Beton-Verbunddecke aus Brettstapelelementen; Dach: Multibox-Hohlkasenelement; Holztäfer Innenwände und Decken außer in Hallen: Weißtanne, gebürstet; Fußböden EG: geschliffener oder beschichteter Betonestrich, Fußböden OG: Eiche, bandsägerau; Terrassendielen: Lärche; Holz-Alu Fenster; Möbel: großteils Eiche

Ausführung: Baumeister: Erich Moosbrugger, Andelsbuch; Zimmermeister: Kaspar Greber, Bezau; Heizung-/Sanitärinstallation: Dorfinstallateur, Andelsbuch; Lüftung-/ Klimaanlage: Dietrich, Lauterach; Elektro: Meusburger, Bezau; Spengler: Dachdecker Rusch, Bregenz; Holztüren: Leo Metzler, Bezau; Einbaumöbel: Meusburger, Reuthe und Manfred Oberhauser, Schoppernau; Verglasungen: Metall Meier, Bezau; Falttore: Burtscher Stahlmanufaktur, Sonntag; Fenster und Türen: Arnold Feuerstein, Bizau

Energiekennwert: 28 kWh/m² im Jahr (Heizwärmebedarf)
Baukosten: ca. 5 Mill. Euro netto


Quelle: Leben & Wohnen - die Immobilienbeilage der Vorarlberger Nachrichten

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

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