Die Kraft des gemeinsamen Tuns

Sieben internationale Architekturbüros haben auf Anfrage des Vereins kultur krumbach sieben „Buswarthüsle“ für die Bregenzerwälder Gemeinde Krumbach entworfen. Begleitet wurden sie dabei von Vorarlberger Architekten und lokalen Handwerkern. Mit der Notwendigkeit einige baufällig gewordene Buswartehäuschen im Gemeindegebiet erneuern zu müssen, begann dieses Projekt Ende 2012. Wie könnte aus einer Notwendigkeit kultureller Mehrwert entstehen, ein Anreiz für Gäste nach Krumbach zu kommen und ein Impuls für die ansässige Bevölkerung sich mit zeitgenössischer Architektur zu beschäftigen? Das Ergebnis des Projekts BUS:STOP Krumbach ist seit 1. Mai nun sichtbar. In monatelanger Arbeit haben Handwerker aus dem Bregenzerwald die Entwürfe von den internationalen Architekten Sou Fujimoto (Japan), dvvt De Vylder Vinck Taillieu (Belgien), Ensamble Studio (Spanien), Smiljan Radic (Chile), Alexander Brodsky (Russland), Rintala Eggertsson Architects (Norwegen) und Amateur Architecture Studio (China) realisiert. Begleitet wurden sie von Vorarlberger Architekten, die sich als Partner für die Umsetzung der Entwürfe vor Ort zur Verfügung stellten.

Die Wahl der Architekten geht auf Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien, zurück, der das Projekt als Kurator begleitete. Neben sieben Partnerarchitekten fand er über 150 Unternehmen, die das Projekt unterstützten. Auch die internationalen Architekten ließen sich auf einen neuen Honorarmodus ein: Als Entlohnung gibt es eine Woche Urlaub in Vorarlberg.

Krumbach ist ein Dorf mit regem Vereinsleben. „Unser gesellschaftliches und soziales Leben funktioniert, weil es Menschen gibt, die mehr tun als sie tun müssten. Ein breites Spektrum an ehrenamtlichen Tätigkeiten zeichnet das Dorfleben aus“, so Arnold Hirschbühl. Wie sehr sich die Gemeinde mit dem Thema Baukultur beschäftigt, zeigte sich in den vergangenen Jahren schon mehrfach. 2011 wurde ein Bürgerrat einberufen, der sich mit der Frage des „Neuen Wohnens“ beschäftigte, mit Mehrgenerationenwohnhäusern, der Integration von betreutem Wohnen und verdichtetem Wohnbau. In Krumbach zeigt sich, wie der Mut von Baukulturverantwortlichen, Entscheidungen gemeinsam zu treffen, Dorfentwicklungsprozesse dynamisch und nachvollziehbar macht. Herausragende Bauten wie das neue Pfarrhaus von Hermann Kaufmann, Bernardo Bader und Bechter Zaffignani Architekten oder die Bushaltestelle im Dorfzentrum von eben diesen Architekten machen den Ort neben einigen Beispielen hochwertiger Architektur von Einfamilienhäusern nicht nur lebenswert, sondern auch zu einem Anziehungspunkt für Architekturtouristen. Diese werden nun in Zukunft wohl öfter mit dem Bus anreisen, um die sieben neuen BUS:STOP-Stationen zu bestaunen.

Bevor diese realisiert wurden, entschied sich der Verein kultur krumbach, die eingeladenen Architekten mit dem lokalen Kontext und den Kollegen vor Ort bekannt zu machen. Im Frühjahr 2013 fanden „Study Trips“ statt – mehrtägige Exkursionen unter der Leitung von Marina Hämmerle. Werkstätten und Produzenten wurden ebenso besucht wie die Bauplätze und die lokalen Gastronomiebetriebe – das bildete die Grundlage für die gemeinsame Arbeit und die Kommunikation in den folgenden Monaten.

Seit dieser Woche ist nun das Resultat dieser Arbeit in Krumbach zu sehen. Sou Fujimoto aus Japan entwarf einen Stangenwald, der an seinen temporären Pavillon für die Serpentine Gallery in London erinnert, dvvt De Vylder Vinck Taillieu aus Belgien orientierte sich an der Form einer Bergspitze und gestaltete eine Warteskulptur aus dreieckigen, zusammengeschweißten und weiß lackierten Stahlplatten, Sami Rintala und Dagur Eggertsson sorgen mit einem Wartehaus, das gleichzeitig auch Zuschauertribüne für den benachbarten Tennisplatz ist, für Multifunktionalität und das spanische Ensamble Studio stapelte Eichenbretter zu einem Holzverschlag. Das mit dem „Pritzker- Preis“ ausgezeichnete Amateur Architecture Studio aus China wagt den Blick in die Landschaft mit einer Busstation, die sich thematisch der schönen Aussicht widmet und Smiljan Radic legt die Grundstruktur der Bregenzerwälder Stube offen. Unter einer Kassettendecke und mit Holzstühlen lässt es sich im gläsernen Häuschen gut warten.

BUS:STOP Krumbach steht als Projekt jedoch nicht nur für die Auseinandersetzung mit Baukultur, sondern ist auch ein Hinweis auf die Notwendigkeit regionaler Erschließung durch den öffentlichen Verkehr. Ca. 30.000 Menschen leben im Bregenzerwald. „Trotz dieser dünnen Besiedelung fährt der Landbus zu Stoßzeiten im Halbstundentakt Stationen in den Gemeinden der Region an, zu Randzeiten einmal pro Stunde“, erzählt Arnold Hirschbühl. „Mobilität ist etwas sehr Wichtiges für die Menschen hier im Ort.“ Das Busfahren mit Mehrwert wird in den nächsten Monaten in Krumbach sicher zur Attraktion werden.

Daten und Fakten

Objekte: Sieben „Bushüsle“ im Ortsgebiet von Krumbach

Bauherr: Verein kultur krumbach und Gemeinde Krumbach

Architekten: Alexander Brodsky, dvvt De Vylder Vinck Taillieu, Ensamble Studio, Sou Fujimoto, Amateur Architecture Studio, Rintala Eggertsson Architects, Smiljan Radic

Partnerarchitekten: Hugo Dworzak, Thomas Mennel, Helmut Dietrich, René Bechter, Hermann Kaufmann, Carlo Baumschlager, Bernardo Bader

Beteiligte Betriebe: EHG Metall, Felder Metall, Oberhauser Schedler Bau, Tischlerei Gerhard Berchtold, Tischlerei Steurer, Dachdeckerei und Spenglerei Baldauf, Kieswerk Markus Steurer, Lässer Holzschindeln, Küchen und Möbel Holzig, Markus Fink, off Roader, Matthias Kaufmann, Tischler Rohstoff, Theo Steurer, Sägewerk Mario Sutterlüty, offset.at, Hallerbau, Holzwerkstatt Markus Faißt, Merz Kley Partner, Tischlerei Kaufmann, Zimmerei Bilgeri, Eberle Metall, Rauminform, Waldmetall Dietmar Bechter, Malerei Raid, Gebrüder Schwärzler, Michael Bilgeri, Spenglerei Hugo Fink, Kabe Farben, Collini, Glas Marte, Architekturmodellbau Neugebauer, SM Modell, Architekturmodellbau M. Rast, Ziviltechniker Mader & Flatz, gbd Gruppe Bau Dornbirn, d’wälder Versicherung. Mehr Infos zu den unterstützenden Betrieben unter www.kulturkrumbach.at

Quelle: VN/ Leben & Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten.
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