„Wenn man überleben will, muss man im Kreislauf wirtschaften“

Doren – Beim Landwirtschaftsbetrieb von Familie Lingenhel aus Doren steht Qualität vor Quantität.25 Kühe, vier Kälber und ein Stier namens „Kaspar” leben im Stall von Karl und Agathe Lingenhel in Doren. In einem Stall, der eigentlich für 35 Tiere ausgerichtet ist – und daran soll sich auch in nächster Zeit nichts ändern, denn bei Familie Lingenhel wird Platz und Freiraum für die Tiere großgeschrieben. Aus diesem Grund fanden in den letzten zwei Jahren auf dem Landwirtschaftsbetrieb umfangreiche Bauarbeiten statt. „Wir haben uns an die Bedürfnisse unserer Kühe angepasst. Sie sind nun freier, haben schönere Liegeflächen und Boxen, in die sie selbst rein und raus laufen können”, erzählt Agathe Lingenhel stolz.„Wie im Bregenzerwald üblich”

Aber bis dahin war es ein langer Weg: Der Landwirtschaftsbetrieb Lingenhel in Doren wird bereits in fünfter Generation betrieben. Der ursprüngliche Hof war ein klassischer Einhof mit Wohn- und Wirtschaftsteil, wie es damals im Bregenzerwald üblich war. Als im Jahr 1985 der Hof aufgrund der veränderten Struktur zu klein wurde, kam es erstmals zu einem Erweiterungsbau. Schon damals wurde auf den Erhalt des schönen Bauernhauses Rücksicht genommen. Der neuerliche Zubau vor zwei Jahren wurde notwendig, weil die Bauernfamilie den Milchkühen einen tiergerechten Stall zur Verfügung stellen wollte. Heute haben sich Karl und Agathe Lingenhel auf den Erhalt von original Vorarlberger Braunvieh, mit eigener Zucht, verschrieben. „Wir legen viel Wert auf altes Kulturgut. Darüber hinaus sind diese Tiere viel umgänglicher und zutraulicher”, erklärt Karl Lingenhel.

[caption id=”attachment_372715″ align=”alignnone” width=”450″]lingenhel-harti-450 Die Lingenhels sind zu einem großen Teil Selbstversorger. Neben eigenen
Marmeladen und Schnäpsen produzieren sie auch ihren eigenen Honig. Foto: VOL.AT/ Hartinger[/caption]

Um den Kühen einen möglichst hohen Komfort zu bieten, entschied sich die Familie, zusätzlich zu den eingesträuten Liegeboxen eine Tretmistfläche zur Verfügung zu stellen. So können die Tiere frei wählen, welche Fläche sie für ihre Ruhezeiten verwenden. „Hier sollen vor allem auch Rangkämpfe zwischen den Tieren vermieden werden”, ergänzt Karl Lingenhel. Damit der Stall genügend licht- und luftdurchflutet ist, wurden hinter der Fassade zusätzlich zwei Flachdächer und zwei Pultdächer angebracht. Um einen hohen Energieverbrauch und lange Transportwege zu vermeiden, entschied sich das Ehepaar, den Großteil des Holzes für diesen Umbau aus dem eigenen Wald zu beziehen. So erfolgte auch die Bearbeitung des Holzes in Doren, wie die meisten Handwerkerbetriebe, die am Bau tätig waren, auch aus Doren stammen. „Wir haben zudem die alten Fenster der umgebauten Mittelschule Doren eingebaut, die sonst einfach weggeschmissen worden wären”, erzählt Karl Lingenhel.

Und auch das Erscheinungsbild des gesamten Betriebes unter Berücksichtigung der bestehenden Landschaft wollte Familie Lingenhel beim Umbau verträglich gestalten. So wurde der Außenbau mit senkrechten Brettern ausgestattet, die Dachflächen wurden zur Gänze begrünt. „Uns war es wichtig, beim Umbau die Gesamtökologie nicht zu vernachlässigen. Die Begrünung des Dachs bietet viele Vorteile, so zum Beispiel den Schutz der Dachabdichtung, die Verbesserung des Raumklimas im Stall und einen Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten”, erklärt Agathe Lingenhel. Obwohl die Anschaffungskosten deutlich höher waren und die Pflege sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, hat sich die Familie für diese ökologische und optisch attraktive Variante entschieden.

Im Kreislauf wirtschaften

Die Dorener bewirtschaften ihren Hof zudem seit einigen Jahren biologisch. „Unser Gefühl bestätigt sich immer mehr, dass es der richtige Weg für unseren Hof ist”, so Karl Lingenhel. „Wenn wir leben und überleben wollen, müssen wir im Kreislauf wirtschaften. Deswegen wollen wir unseren Stallmist auch kompostieren, damit wir unseren Boden damit düngen können. Denn aus einem gesunden Boden kommen gesunde Planzen für uns Menschen und auch für unsere Tiere”, erklärt Agathe Lingenhel und zitiert einen Grundsatz, der ihr sehr am Herzen liegt: „Wir Menschen können nie gesünder sein als die Pflanzen und Tiere, von denen wir unsere Nahrung beziehen, und wenn wir wirklich heilen wollen, dann haben wir dort anzufangen.”

Strom aus Photovoltaikanlage

Auch der eigene Strom wird bei Familie Lingenhel durch Kreislaufwirtschaft erzeugt. Seit zwölf Jahren produzieren sie das gesamte Warmwasser mit einer Solaranlage und einen Großteil des Stroms mit einer Photovoltaikanlage. „Wir wollen nicht Quantität produzieren, sondern Qualität”, ergänzt Agathe Lingenhel. Deswegen ist die Familie seit Jahren zu einem großen Teil Selbstversorger. „Wir haben diverse Hochstamm-Obstbäume, einen großen Garten und seit Kurzem auch eine eigene Bienenzucht”, erzählt Karl Lingenhel. „Das war die Idee unseres Sohnes”, ergänzt Agathe Lingenhel und schmunzelt. „Unsere Tiere und die Natur bedeuten uns sehr viel. Neben Marmeladen und selbst gemachten Schnäpsen haben wir nun auch unseren eigenen Honig”, freut sich Agathe Lingenhel.

Zitat: Aus einem gesunden Boden kommen gesunde Pflanzen für uns Menschen und für unsere Tiere. Agathe Lingenhel

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