Talentierte „Juppo und Emlmachare”

Sie ist eine der wenigen gewerblichen Juppenschneiderinnen Vorarlbergs: Maria Meusburger fertigt sowohl neue Juppen und prächtige Ärmel, wie sie alte Juppen instandsetzt und liebevoll restauriert.

Eine echte Bezauerin hat eine entsprechende Biographie, so auch Maria Meusburger (Jg. 1963).Mit sechs Jahren erhielt sie eine kleine Nähmaschine zu Weihnachten, die ihre zwei Brüder allerdings flugs auseinandernahmen und eine Seilbahn daraus kreierten. Der Nähmaschinenmotor trieb die vom Balkon bis in den Außenbereich führende „Bahn” an. Aus den beiden Buben wurden ein Ingenieur und ein im Seilbahnbetrieb Beschäftigter. Aus Maria Meusburger – trotz zerlegter erster Nähmaschine – eine Schneiderin und begnadete „Juppo- und Emlmachare”.

Spezialisierung auf Wäldertracht
Nach der Textilschule arbeitete sie bei Schneidermeister Ott in Schlins, absolvierte die Meisterprüfung und machte sich als Schneiderin selbständig. Bereits die Mama von Maria Meusburger hat Juppenärmel genäht, und als Kind sah die künftige Schneiderin viele Male zu, wie Brokat und Lurex und verschiedene Seidenstoffe zu prächtigen Ärmeln wurden. Seit 1984 näht sie diese selbst und rasch nach der Meisterprüfung spezialisierte sich die Bezauerin auf das Fertigen von neuen Juppen und Juppenschoßen sowie die Restaurierung alter Juppen.

Bis zu einem Jahr Wartezeit
Eine Juppe kann man in keinem Geschäft einfach kaufen. Wer die schöne Bregenzerwälder Tracht als eigene Juppe besitzen möchte, braucht zudem Geduld. Bis zu einem Jahr kann es dauern, bis von der Anprobe die fertige Tracht mit nach Hause genommen werden kann. Dies allein zeigt schon: Sorgfalt, viel Handarbeit, wertvolle Stoffe und aufwändige Accessoires erbringen ein Gesamtkunstwerk, das weit mehr ist als nur ein traditionelles „Sonntagsgewand”. Die auf Maß geschneiderten Juppen sind allesamt Unikate und benötigen den dank der Jupppenwerkstatt Riefensberg noch aufwändig hergestellten Juppenstoff als Basis.

„Moderne Juppen werden auch bereits aus Trevirastoff hergestellt”, erklärt Maria Meusburger. Dieser hat den Vorteil, dass er trotz Nässe und Beanspruchung durch längeres Sitzen seine Fältelung behält. Die Wälderinnen legen allerdings großen Wert auf einen edlen, original Juppenstoff, der in der Werkstatt mit Leim nach alten Rezepturen zubereitet wird und eine charakteristische, stark glänzende Oberfläche und die steife Elastizität des Juppenrockes zeitigt. Das gefärbte Gewebe wird appretiert (geleimt) und gefältelt. Der charakteristische blaue Streifen in der Juppe ist der sogenannte Saumbändel. Früher gab es sogar in Bezau eine Färberei, in der man den aufwändigen Juppenstoff produzierte, erinnert sich Maria Meusburger, doch das ist längst Geschichte.

Sorgfältige Handarbeit
Aus dem gefältelten Stoff stellt d’Juppomachare neue Juppen her. Mit 2500 von Hand gesetzten Stichen wird das Oberteil zusammengenäht. Ca. 100 Stiche sind nötig, den Bändel sorgfältig aufzunähen. Manche Kundin bringt den Hochzeitsbändel von der Oma oder den Bändel ihrer Mama, den Gürtel und die Schnalle von der Tante um sich eine neue, maßgeschneiderte Juppe mit Familienerbstücken kreieren zu lassen. Ein prächtiger Bleaz oder das Fürtuch wird in das Mieder eingesetzt. Die Arbeit an einer Juppe selbst dauert für die Juppenschneiderin ca. eine Woche. Doch kann diese nur erfolgen, wenn sowohl Juppenstoff wie Stickerei vorhanden sind. Dann arbeitet Maria Meusburger die bestickten Bändel und geknöpften „Keadara” mit Akribie in den Stoff ein. Das in Klöppeltechnik gefertigte Achselstück wird mit Gold- und Silberfäden von echten Künstlerinnen hergestellt.

Exklusive (Gold)Stickerei
Die Mellauer Stickerin Marianne Bischof zählt zu jenen Expertinnen, die der Juppe mit ihrer unverwechselbaren, exklusiven Stickerei höchste Individualität gibt. Wie steht es mit den Kosten? Maria Meusburger: „Je nach Stickerei und Verwendung entsprechend aufwändiger Gürtelschnallen muss man für eine komplette Juppe ab 3000 Euro aufwärts kalkulieren. Nach oben hin sind allerdings keine Grenzen gesetzt, man bekommt für diese Summe ja auch „nur” eine Gürtelschnalle und kann ermessen, was eine Juppe wert sein kann. Alte Stickereien und Handarbeit sind – ganz abgesehen vom emotionalen Wert bei vererbten Teilen – unersetzlich.

Weiße, braune und schwarze Juppen
Was hat es eigentlich mit dem braunen Juppenstoff auf sich? Die Bezauerin besitzt selbst eine braune Juppe und erklärt: Im dreißigjährigen Krieg kam die spanische Mode ins Land. Früher wurde rohes Leinen verwendet und die ersten Juppen waren weiß. Die Spanier brachten die Modefarbe Schwarz ins land. Der Versuch der Wälderinnen den Leinenstoff schwarz zu färben führte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu braunen Juppen. Heutzutage tragen Kinder noch weiße Juppen, auch Bräute mit dem goldenen Schappele tragen noch Weiß. Zu rotgemiederten Juppen werden nur weiße Ärmel getragen, zu braunen nur ein schwarzer Stoff mit Schafpelz. Der Gürtel darf nicht zur Bubenseite – also nach links – zeigen. Kleine Uhren an Uhrenketten verliehen der Juppenträgerin zusätzliche Eleganz beim Kirchgang.

Wie wird eine Juppe heutzutage eigentlich ordnungsgemäß aufbewahrt? Früher gab es ja eigene Juppenkästen mit langen Holzhaken. Heute rollt man die Juppe vorsichtig einmal längs zusammen und steckt sie in einen Nylonstrumpf, empfiehlt die Juppomachare, die derzeit gerade eine Trauerjuppe für ihre Tochter fertigt, die ausschließlich zu Begräbnissen getragen werden darf. Auch für diese Gelegenheit ist die Juppe ein unvergleichlich elegantes und angemessenes Gewand.

Kontakt:
Maria Meusburger
„D’Juppo & emlmachare”
Staudenhof 513, Bezau
Tel. 05513 5514 2856
maria.meusburger@gmail.com

 

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