Hofgemäß

Andelsbuch – Hof: Das bedeutet ursprünglich eine Erhebung, ein eingehegter Ort. Daraus wird: von Bauten umstellt, Gehöft, Gut, dann Haus, bis hin zum Herrensitz. Dazu gehört: höfig, was gesellig, vergnügt meint und fein, gebildet.All das s c h e i n t auf dieses Anwesen gemünzt: Auf einem Sporn in der fast umlaufenden Biegung des munteren Brühlbachs gelegen, durch den Neubau zu einer Hofanlage geschlossen, wo der Hausherr gekonnt-gebildet seinem Polsterer-Handwerk nachgeht, mit der Familie wohnt und mit Kunden, Mitarbeitern und Gästen Geselligkeit pflegt. Einiges kommt da zusammen.

Was man auch so erzählen kann: Das Wasserbauamt sah sich zu einer Bachregulierung genötigt, die Gemeinde plante einen neuen Brückenschlag, der anliegende Betrieb prosperierte und brauchte mehr Raum. Was entstand, geht über einen einzelnen Zweck hinaus, übersteigt, was ein Einzelner vermag. Und strahlt, ganz aus dem Ort gewachsen, über diesen hinaus.

Die kleine, feine, mittlerweile übers Ländle hinaus bekannte Polsterei platzt buchstäblich aus allen Nähten – Lagerflächen für Stoffe und Häute, Ausstellungsräume für Meisterstücke, ein Atelier für die Entwicklung, Büroräume und Betriebsräume müssen sinnvoll mit der bestehenden Werkstatt über drei Etagen mit Lift verbunden werden. Dem Altbau wird ein Hof vorgelagert mit unterirdischem Heizraum und Verbindung zum Lager im Neubau – massiv und absolut dicht in Beton konstruiert, mit einem Sockel für die Obergeschoße und mit künstlicher Geländekante zum tiefer liegenden Grundstück und zum Bachlauf.

Darüber schließen stufenlos Kundenempfang, Büro und Ausstellungsraum an den Hof an, gefolgt vom Atelier im Obergeschoß – dem Labor für die Entwurfsarbeit mit den Kunden. Alles über dem Sockel ist in einem Holzbau untergebracht – ein verdichtetes, entschiedenes Volumen. Dessen Silhouette wird mit der Prägnanz einer Kinderzeichnung linear betont, indem der Blick dank raumhaltiger Verglasung von Giebel zu Giebel durch den ganzen Bau geht. Dagegen sind die Längsseiten geschlossen, ausgenommen der „scheunentorgroße“ Zugang vom Hof, der den Blick durchs Gebäude auf den Kirchturm freigibt und damit den privaten Hof und die Gemeinde verknüpft. Diesem Bau vorgelagert ist eine Loggia: Regen- und Sonnenschutz, Platz für Begegnungen und Treppe – Mittler zwischen geschlossenem Haus und offenem Hof, was diesen zum Lebensraum erweitert. „Was da für willkommene Räume entstanden sind, wo man zwischen heißen Entwurfs- Sessions für sich den Kopf kühlen kann, oder geborgen und doch in der Betriebsamkeit mit Kunden sinniert, oder gemeinsam Brotzeit macht, oder mit Freunden das Feierabendbier genießt,“ rühmt der Bauherr das Ineinandergreifen der Räume nach Plänen von Architekt Andreas Mohr.

Der Bau zeugt vom Geist des „Werkraum Bregenzerwald“ – einem Zusammenschluss innovativer Handwerker aus der Bau- und Einrichtungsbranche – dem der Bauherr als Mitglied seit Beginn verpflichtet ist. Da wird eine Auffassung vom Handwerk gepflegt, das sich umfassend der Sache zuwendet und sich nicht im Kämmerlein der Profession verkriecht. Forschung, Entwurf, Produktion, Vertrieb – das gehört zusammen und wandelt sich stets. Das zeigt gerade die anspruchsvolle Konstruktion des Bauwerks selbst: Es ist ein „Heimspiel“, ausgeführt vorwiegend vom „Werkraum“-Mitglied Zimmerei Kaufmann mit Statiker Konrad Merz. Was einfach erscheint, setzt Leidenschaft für die Sache voraus – da erst war sie nach längerer Suche zu finden. Enggestellte Dreigelenkbinder aus Holz (lediglich die beiden Flanken des Zugangs sind aus statischen Gründen aus Stahl) bilden die Tragstruktur, innen mit sichtbaren Brettsperrholztafeln beplankt – Aussteifung und sichtbare Raumschale in einem. Mit der Massivbalkendecke in Fichte gewährleisten sie das konstante Raumklima eines Massivbaus. Die Dämmung liegt außen davor, ist hinterlüftet und vertikal verschalt – eine Konstruktion, die sich über Wand und Dach gleichermaßen zieht und so die kompakte Erscheinung unterstreicht. Die Loggia, teilweise bis unters Dach gehend, steht als eigenes Bauwerk davor und bildet einen kräftigen Kontrast mit seinen kräftigen, auf Abstand horizontal verlegten Hölzern, in welche die einläufige Treppe eingebunden ist.

Diese Komposition bringt in ihrer Klarheit und Entschiedenheit die Überzeugung des Architekten zum Ausdruck, dass ein Haus mehr als ein selbstgenügsames Objekt zu sein hat. „In einem Land, das so viele Architekturpreise einsammelt, darf man daran erinnern, wie wichtig der Bezug zur Raumplanung ist.“ Nicht Haus allein, sondern ums Haus und übers Haus hinaus – Hof eben.

Daten & Fakten

Objekt: Zubau Mohr Polster, Andelsbuch
Bauherr: Mohr Polster, Johannes Mohr
Planung: DI Andreas Mohr, Wien

Statik Holzbau: merz kley partner, Dornbirn
Statik Massivbau: planDREI, Andelsbuch

Objektdaten:
Nutzfläche: 480 m²
Fertigstellung: Juli 2011

Bauweise: Kellerbereich in Massivbauweise aus Beton und Natursteinmauerwerk im Außenbereich. Erdgeschoß und Obergeschoß in Holzbauweise (3-Gelenkbogen). Einheitliche Holzverschalung der Außenwände und der Dachhaut. Ausführung aller Verglasungen in 3-fach-Isolierverglasung. Platzgestaltung mit Natursteinpflaster aus der Region

Ausführung:

Holzbau: Kaufmann Zimmerei und Tischlerei, Reuthe
Massivbau: Oberhauser & Schedler Bau, Andelsbuch
Bauleitung: FF Bauleitungsbüro, Dornbirn
Glasbau: MGT Glastechnik, Feldkirch
Türen und Fenster: Schwarzmann das Fenster, Schoppernau
Elektrik: Elektro Willi, Andelsbuch
Metallbau: Walter Cernenschek, Lingenau

Leben & Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg, Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

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Kommentare zu diesem Artikel

  • Frag doch mal auf der Gemeinde nach die dieses Haus so bewilligt hat …. Jedem kleinen Bürger werden unmachbare Vorschriften gemacht und den gewissen wird alles durchgelassen - korruption und freundlwirtschaft ist in Andelsbuch seit einiger Zeit eine beliebte Methode (siehe: dieses Objekt, Wälder Versicherung, Werkraum Haus, Schanzenanlage, Zelthaus, …)

  • mi tät as interessiero ob as seitens vo do gmund dau ka regla bezüglich ortsbild git. well das ischt ja gonz a ungleme watscho i dr landschaft.

  • jo jedar andr hät denas nüd genemigt krieagt zum do Ba umleito, abr dia Herro springod jo nüd allad ummosus und machod se wichtig

  • wenn ma an namo hat darf ma sogär an bach umleito für so a vogelhaus.