“Einen neuen Lebensinhalt gefunden” - Ein Porträt von Josef Kohler

dsc09331.JPGEin schwerer Arbeitsunfall hat das Leben von Josef Kohler völlig verändert.

Seine Hofeinfahrt ziert ein drei Meter hoher Bär aus Holz. Was es mit diesem Bären und überhaupt mit dem Schnitzen auf sich hat, erzählte Josef Kohler seinen Besuchern bei einer Tasse Kaffee in der großen Wohnküche. „Das Schnitzen ist eine Sucht“, erklärte der heute 76-jährige Landwirt, „ich verbringe jede freie Minute damit.“ Und wie es dazu kam, ist wiederum eine ganz andere Geschichte. Früher war Josef Kohler Bauer und Holzfäller. Ein Schwerer Arbeitsunfall vor über 20 Jahren zwang den stets Aktiven inne zu halten und über sein Leben nachzudenken. „Als mich der Block überrollt hatte, machten die Ärzte meiner Familie nicht mehr viel Hoffnung“, erinnert sich Kohler an die wohl schwersten Wochen seines Lebens. Doch der stets zähe Bauer schlug dem Tod ein Schnippchen und kehrte heim nach Schwarzenberg.

Figurales Schnitzen

„Nur noch eingeschränkt arbeitsfähig, fühlte ich mich auf dem Hof nicht mehr wohl. Zudem geriet mein Gedächtnis durcheinander, ich konnte mich nicht mehr konzentrieren.“ Seine Tochter meldete den damals 55-jährigen zu einem Schnitzkurs an. „Das Zeichnen war schon in der Schule mein Lieblingsfach, die neue Tätigkeit gefiel mir. Ich lernte, mich stundenlang auf ein Stück Holz in meiner Hand zu konzentrieren. Wurde immer ruhiger.“ Mit der Zeit wollte Josef Kohler mehr. Um seine erlernte Kunst zu perfektionieren, verbrachte er fast ein Jahrzehnt unzählige Sommerwochen in einer Schnitzschule für „Figurales Schnitzen“ in Elbigenalp im Tiroler Lechtal.

Lieblingsmotiv Tier

„Mit Tieren bin ich aufgewachsen, mit Tieren kenne ich mich aus“, so Kohler. Wen wundert es, dass sich der ehemalige Landwirt von der Tierwelt am meisten inspirieren lässt. In seinem Ausstellungsraum erwarten den Betrachter unzählige kleine und größere Holzskulpturen. Vom Lämmchen für die Weihnachtskrippe über das blockziehende Pferd bis hin zum Schwein, das neugierig durch die halboffene Stalltür späht. Aber nicht nur Tiere gilt es hier zu bewundern, Kohler wagte sich auch an das Thema Mensch. Und hier sind es besonders die Gesichter, die den 76-jährigen am meisten faszinieren. Eines seiner schönsten Ensembles besteht aus einer Dorfsennerei mit zwei Sennen und unzähligen, winzigen Details. Sein neuestes Werk, ein Alpzug mit über 100 Kühen und Hirten nimmt fast die ganze Länge des Ausstellungsraumes ein.

Märkte

„Das Schnitzen ist eine Denkaufgabe, jeder Schnitt muss überlegt sein“, ist Josef Kohler überzeugt. „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, entferne ich mich ein Stück und betrachte die Figur aus einer anderen Perspektive. Kohlers Werkstatt ist so klein, dass man sich kaum umdrehen kann. Aber hier ist der rüstige Pensionist in seinem Element. Und wenn er ein neues Werk in Angriff nimmt, ist er laut seiner Frau Wilma vom Schnitzstuhl nicht mehr wegzubekommen. Auf den ersten Blick chaotisch, hat doch alles seinen festen Platz. Vom feinsten Schnitzmesserchen bis zur Motorsäge. Ab und zu sieht man Josef Kohler auf Märkten, wo er seine Kunst feil bietet. „Das teure Zirbenholz muss ja schließlich auch bezahlt werden“, lacht der Holzschnitzer. Obwohl er sich gar nicht gut von einem Stückle trennen könne, gesteht Kohler fast ein bisschen beschämt.

Zur Person:
Josef Kohler
Geboren: 5. 8.1934
Wohnort: Schwarzenberg
Beruf: Landwirt
Hobby: Schnitzen
Foto im DCX

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